Amadeus und Ludwig

Habt Ihr Audio- und Videomaterial von Euch und Eurer Böhm-Orgel? Dann könnt ihr hier die entsprechenden Links zu Youtube, Sound Cloud usw. posten.
frank_m
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Amadeus und Ludwig

Beitrag von frank_m »

Hallo allerseits,

an anderer Stelle haben wir ja über VST Instrumente geredet. Ich habe jetzt einmal ein paar Demos auf Soundcloud hochgeladen, in denen ich kurz zeige, was ich so mit VST Instrumenten anfange. Dabei habe ich mich vor allem auf Streicher-, Chor- und Vocal-VSTs konzentriert. Da die Klangerzeugung in der Orgel "Amadeus" heißt, habe ich meine externe Klangerzeugung im Rechner "Ludwig" getauft. :)

Leider habe ich im Moment zu wenig Zeit, um Demos so sorgfältig einzuspielen, wie ich es eigentlich gern tun würde. Aber ich wollte Euch trotzdem einen Eindruck vermitteln, warum VSTs interessant sein können. Deshalb habe ich z.T. Aufnahmen genommen, die ich zu Testzwecken mal gemacht habe. Manchmal ist nur eine einfache Melodielinie eingespielt, manchmal sind es ganze Stücke, mit Begleitung. Um Lizenzprobleme zu umgehen, habe ich meist keine richtigen Stücke eingespielt, sondern einfache Phrasen, die mir so eingefallen sind. Also, erwartet keine Meisterleistung. Die Stücke sind u.U. nicht optimal abgemischt, manchmal müssten die einzelnen Stimmen noch besser in der Lautstärke angepasst werden, manchmal könnte man sie noch ausbauen, aber es ging mir einfach darum, mal zu zeigen, was man mit VSTs so machen kann. Über technische Aspekte haben wir genug geredet, "jetzt müssen Taten folgen!"

Alle Demos wurden live an der Sinfonia mit angeschlossenem Rechner eingespielt, z.T. wurden auch Styles aus der Sinfonia verwendet. Ansonsten habe ich - weil es ja um VSTs gehen soll - vor allem VSTs eingesetzt. Die Demos sollten am besten mit vernünftigen Lautsprechern angehört werden oder mit Kopfhörern, nicht mit den Laptoplautsprechern. Sonst kann man die Klänge nicht beurteilen.

Ich hoffe, das mit Soundcloud klappt, ich habe das noch nie vorher gemacht. Versucht einmal diesen Link:

https://soundcloud.com/user-437142639/v ... ordino-mix

Damit müsstet Ihr zur ersten Demo kommen. Hier spiele ich nacheinander mit einfacher Melodiestimme ein Streicherensemble in drei Varianten. Zuerst legato. Im Legatostil spielt der Geiger nicht die Noten "abgehackt" nacheinander, sondern spielt die Übergänge zwischen den einzelnen Noten mit. Dann, ab ca. 0:40 hört Ihr die Streicher in der con sordino Spielweise, d.h. mit aufgesetztem Dämpfer. Das ergibt sofort einen anderen Klang. Ab 1:16 habe ich dann beide Spielweisen gemischt, das gefällt mir besonders gut. Die Streicher stammen aus dem VST Instrument "Loegria" der Firma Spitfire Audio. Das Streicherensemble hat Kammerensemblegröße (ich glaube 6 Violinen, 4 Violen). Die Streicher klingen dadurch nicht so "verschwommen" wie bei einem großen Orchester, sondern intimer. Sowohl in den tieferen Regionen als auch in den Höhen klingen die Violinen sehr natürlich, mit eigenem Vibrato.

In Kürze folgen weitere Demos an dieser Stelle. Ich hoffe, Euch gefallen die Demos. Gebt mir mal Rückkopplung, was Ihr von den VSTs haltet. Wie gesagt, es geht weniger darum, ein perfekt eingespieltes Stück zu beurteilen, als den Klang der VSTs als solche.

Und jetzt viel Spaß! Gruß, Frank.
Zuletzt geändert von frank_m am 27.05.2016, 15:49, insgesamt 2-mal geändert.

frank_m
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Re: Amadeus und Ludwig

Beitrag von frank_m »

Hallo,

jetzt geht es weiter mit der nächsten Ladung an Demos.

https://soundcloud.com/user-437142639/v ... on-sordino

Hier hört Ihr Bratschen (Violen). Es ist ein kleines Ensemble, (ich glaube drei Bratschen), die mit Dämpfer, also wieder con sordino, gespielt werden. Das VST stammt von der Firma 8dio. In der VST Bibliothek Adagio dieser Firma findet man Violinen, Violen, Celli und Bässe, jeweils als Ensemble, Divisi (also kleine Abteilungen) oder Solo, mit sehr vielen Spielweisen. Das Beispiel klingt meiner Meinung nach sehr gefühlvoll und intim, es hat so etwas von Bernard Hermann, dem berühmten Filmkomponisten, der u.a. zu den wichtigsten Hitchcockfilmen die Musik geschrieben hat.


https://soundcloud.com/user-437142639/v ... s-cello-01

Hier ein kleines Streicherensemble im Hintergrund, das rhythmisch spielt. Ein Cello spielt dazu eine einfache Melodie. Achtet mal auf das Volumen des Celloklangs und auf das sehr natürliche Vibrato. Es wurde mitgesampelt, wird also nicht künstlich obendrauf gesetzt. Ensemble: Spitfire Audio, EvoGrid3, Cello: Orchestral Tools.


https://soundcloud.com/user-437142639/v ... kpizzikato

Kurzes Demo eines Streicherensembles, in den tiefen Lagen spiccato gespielt, dann als Bartok-Pizzikato. Dabei werden die Seiten so stark angerissen, dass sie anschließend auf den Steg des Instruments klatschen, das gibt den agressiven Klang, fast wie von einem Perkussionsinstrument.

Frank.

frank_m
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Re: Amadeus und Ludwig

Beitrag von frank_m »

Und hier die dritte Ladung:

https://soundcloud.com/user-437142639/v ... -streicher

Wir haben in Amadeus sehr schöne Chöre, die ich gern benutze. Allerdings singen sie nur Aah und Ooh. Hier hört Ihr einen Chor, der Staccato singt. Dadurch kann man sehr rhythmisch spielen. Außerdem hört Ihr, dass sie nicht nur Aah singen. Einen wirklichen Text werdet Ihr nicht erkennen (der Anfang klingt wie Sanctus). Man nutzt hier die Tatsache, dass man eigentlich eh nie wirklich verstehen kann, was der Chor in der Oper singt. Die Abfolge einfacher Silben reicht deshalb, den Eindruck zu erwecken, dass der Chor irgendwas singt, vermutlich in einer fremden Sprache. Der Chor stammt aus dem VST "Requiem" der Firma 8dio. Er wird gedoppelt durch Spiccatostreicher.



https://soundcloud.com/user-437142639/v ... knabenchor

Ich finde, es gibt keinen reineren und unschuldigeren Klang, als Gesang von Kinderstimmen. Der Knabenchor stammt aus dem VST "Mercury Choir" von der Firma Soundiron. Diesmal nur ein einfaches Aah-legato, bewusst monophon in ganz einfacher Melodie gespielt.



https://soundcloud.com/user-437142639/v ... -streicher

Der Klassiker, wenn es um Vocalstimmen geht: Jills Thema aus dem Film "Spiel mir das Lied vom Tod". Die Sopranstimme stammt aus dem VST "Diva". Die Streicher sind gemischt aus Adagio (8dio) und Loegria (Spitfire Audio).



https://soundcloud.com/user-437142639/v ... -shevannai

Hört Euch das Stück mal ganz unvoreingenommen an. Klingt das nicht wirklich ziemlich echt? Die Stimmen kommen aus dem VST "Shevannai" von Eduardo Tarilonte. Man hört geflüsterte Phrasen in der Sprache der Elben (Herr der Ringe), sowie eine Vocalise, die die Melodie singt. Das ganze wird unterlegt mit einem Style aus der Sinfonia, sowie Pads aus Shevannai. Gut, der Purist wird fragen: was haben diese Flüsterphrasen mit Orgelspiel zu tun? Wenig. Aber ich will hier zeigen, wie ich mit VSTs arbeite. Andere spielen lieber Sinusklang. So hat alles seine Berechtigung.



https://soundcloud.com/user-437142639/v ... taccato-02

Hier ein Stück im Stile einer Actionszene aus einem Film. Blech (Metropolis, Orchestral Tools), epische Perkussion (diverse VSTs), Staccato Chor (Metropolis).



https://soundcloud.com/user-437142639/v ... r-chillout

Hier ein Gregorianischer Chor (Cantus von Eduardo Tarilonte) im Chillout Stil mit einem Style aus der Sinfonia.



https://soundcloud.com/user-437142639/v ... -itw-cello

Und zum Abschluss noch einmal ein Cellostück: Into the West aus dem dritten Teil des "Herr der Ringe". Style wieder aus der Sinfonia.


So, damit soll es erstmal genug sein. Ich hoffe, Ihr findet den Ausflug in die Welt der VSTs interessant! Ich denke, die Möglichkeiten werden deutlich. Tut mal Eure Meinung kund! Mal sehen, ob ich demnächst noch ein paar weitere Demos einspielen kann.

Und vielleicht nimmt ja jemand diese Demos zum Vorbild und stellt auch mal etwas, was er eingespielt hat, hier ein! Also, ran an die Tasten!
Gruß, Frank

vesuvio

Re: Amadeus und Ludwig

Beitrag von vesuvio »

das war eine sehr gute Idee, den Gesprächen über VST's einfach mal Taten, sprich Demos, folgen zu lassen.

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Didi_HB
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Re: Amadeus und Ludwig

Beitrag von Didi_HB »

Hallo Frank,

vielen Dank für Dein Engagement!
Theorie ist das Eine, aber die Praxis kann eine ganz andere Seite sein. Hier sehe ich es so.
Egal wie Du die Klänge erarbeitet hast, was für Equipment eingesetzt wurde usw.. Der Klang ist grandios.
Das ist ein Thema, was weitergeführt werden sollte.

Mit begeisterten Grüßen :D
Dieter
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mit DD 1016, Opera, Magic Sinus, Magic Phasing, DVV mit Alesis Hall

frank_m
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Re: Amadeus und Ludwig

Beitrag von frank_m »

Lieber Ralf, lieber Dieter,
vielen Dank für Eure Rückmeldungen.
Die Mühe, die ich mir für das Posten gemacht habe, hielt sich in Grenzen, wie gesagt, hatte ich mehrere Aufnahmen ohnehin schon vorliegen, weil ich vor kurzem mein Aufnahmegerät getestet hatte. Ein paar habe ich extra wegen des Postens eingespielt. Da hätte ich einiges besser machen können, z.B. die Dynamik besser ausnutzen. Bei vielen VSTs kann ich die Dynamik über den Schweller steuern. Er steuert dann nicht nur die Lautstärke, sondern je nach VST auch das Klangverhalten. Beispiel: wenn ich eine Trompete leise anblase, klingt sie weich und dumpf, wenn ich richtig fest anblase, klingt sie brilliant und schmettert ordentlich. Sie wird also nicht nur lauter, sondern ihr Klangverhalten, ihr Frequenzspektrum ändert sich. Diese Dynamik habe ich bei den Demos etwas wenig ausgereizt, aber sei's drum.

Mir ging es um zwei Dinge: erstens zeigen, dass bestimmte VSTs sehr realistisch klingen. Einen Realismus, den man anders eigentlich kaum erreichen kann. Dazu diente z.B. die Demo mit den verschiedenen Streicherspielweisen (auch wenn die langweilig war). Zweitens zeigen, dass man damit auch was anfangen kann, was gar nicht so schlecht klingt. Nicht dass ich ein guter Komponist wäre oder ein guter Musiker, aber ich finde, man muss sich nicht damit verstecken. Es gibt sogar Menschen, die einige der Titel auf Soundcloud mit "Like" versehen haben, und ich habe jetzt einen "Follower"! Dabei habe ich sie extra nicht mit Tags oder ähnlichem versehen, damit sie keiner außerhalb des Forums findet, weil sie ja eigentlich nur als Demo für hier gedacht waren.

Alle VSTs, die ich benutzt habe, laufen über Kontakt, also den Sampleplayer von Native Instruments. Meiner Meinung nach heute einfach DIE Plattform für gute VSTs. Mal sehen wie ich demnächst Zeit habe, vielleicht stelle ich noch mal was ein. Auf jeden Fall freue ich mich, dass wenigstens etwas Rückkopplung (auch per PN) kam, also nicht alles ganz umsonst war.

Gruß, Frank.

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Claus Riepe
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Re: Amadeus und Ludwig

Beitrag von Claus Riepe »

Hallo Frank!

ich bin aus begeistert, zumal mir die Musik liegt (Herr der Ringe usw.) :)

ja, ich denke auch, dass diese ganze Materie eine ziemlich spannende ist, Ich freue mich jedenfalls schon auf das Experimentieren mit dem Cloud Studio!
Wir sind gerade an dem letzten Feinschliff, was die Einbindung angeht. Es ist immer wieder spannend, was dann doch wieder für Hürden auftauchen, was dann aber nicht der Orgel geschuldet ist, sondern in der Tücke der Software auf dem PC selbst liegt. Aber mit etwas Programmierergrips kriegt man alles hin! ;)

Gruß,
Claus
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Mako
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Re: Amadeus und Ludwig

Beitrag von Mako »

Hallo Frank!

Vielen Dank für Deine Demostücke, da bekommt man einen tollen Eindruck was an Soundqualität so möglich ist. Das wird jedenfalls sehr spannend werden: Das Cloud-Studio vereint mit der Orgel. Wenn die Einbindung perfekt umgesetzt wird und das Ganze gut funktioniert wird das den Horizont der Orgel mächtig erweitern. Ich freu mich jedenfalls schon drauf, damit zu experimentieren und zu spielen! Mir graut nur vor dem ganzen Aufwand meine Sinfonia zum Umbau nach Bückeburg bringen zu müssen! Hoffentlich übersteht sie das heile!

Gruß Matthias
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frank_m
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Re: Amadeus und Ludwig

Beitrag von frank_m »

Hallo,
vielen Dank für die positiven Rückmeldungen. Gestern erhielt ich eine PN aus dem Forum, dass jemand jetzt auch sein eigenes "Ludwig" aufbaut. Vielleicht nennen wir das dann "Johann Sebastian"? Insofern habe ich wohl doch eine gewisse Resonanz ausgelöst, worüber ich mich natürlich freue. Darum ging es mir: Augen und Ohren zu öffnen, Möglichkeiten aufzuzeigen, eine Diskussion zu entfachen, etwas in Bewegung zu bringen.

Das ist jetzt ein bisschen blöd, aber ich muss an dieser Stelle etwas betonen, damit nicht ein falscher Eindruck entsteht, für den mich andere dann später verantwortlich machen: VST ist nicht gleich VST. Die VSTs, die ich in den Demos eingesetzt habe, sind allesamt Kontakt-basierte VSTs und teilweise auch nicht ganz billig. Sie sind für diese Art von Klangerzeugung und Musikrichtung spezialisiert. Der Halion, der serienmäßig im Cloud Studio implementiert wird, kann diese VSTs nicht nutzen. Er ist ein eigenständiges VST, hat anderes Klangmaterial und wird andere Klänge liefern. Böhm versucht gerade, im Cloud Studio den Halion vorbildlich in die Orgel zu integrieren, damit seine Klänge wie eigene Orgelklänge verwaltet und aufgerufen werden können. Das ist ein wichtiger Schritt, der offensichtlich auch nicht ganz einfach ist und einiges an Arbeit bedeutet. Böhm wird dabei aber viel Erfahrung sammeln. Aber man darf eben nicht erwarten, dass man mit dem serienmäßig ausgelieferten Cloud Studio meine Demos genau so nachspielen kann. Dafür werden andere Klänge möglich sein, die ich mit den VSTs, die ich hier verwendet habe, nicht kann, z.B. ein tolles Piano, Kirchenorgeln mit Hauptwerk, Gitarren, Synthiklänge, Arpeggio-Klänge usw. Das kann man natürlich auch mit Kontakt-basierten VSTs machen, aber man braucht dazu eben andere als für die Demos, die ich hier vorgestellt habe. Vielleicht stelle ich dazu auch mal etwas ein.

Um Stücke spielen zu können, wie ich sie hier präsentiert habe, sind zwei Dinge Voraussetzung: erstens muss man Kontakt und die VSTs, die ich benutzt habe, kaufen und installieren. Oder natürlich andere mit ähnlicher Ausrichtung oder Inhalt, die Palette ist groß und beruht auch nicht immer auf Kontakt. Der eingebaute VST-Host kann Kontakt verwenden. Aber auch dann bleibt Kontakt immer noch etwas schwierig im Umgang (mehr dazu habe ich in dem anderen Pfad über VSTs schon geschrieben, siehe dort). Wie ich schon einmal geschrieben habe, sollte es deshalb der nächste Schritt sein, zu versuchen auch Kontaktbibliotheken genauso gut einzubinden, wie es derzeit mit dem Halion gemacht wird. Darauf setze ich! Das geht auch nicht von selbst und man kann nicht alles auf einmal erwarten, aber die derzeit gesammelte Erfahrung wird dabei sicherlich sehr nützlich sein. Dann steht der komfortablen Nutzung solcher VSTs nichts mehr im Wege. Aber wie sagte Claus in seinem Beitrag: "Aber mit etwas Programmierergrips kriegt man alles hin!" Insofern, warten wir ab, wie sich alles entwickeln wird. Ich bin gespannt.

Gruß, Frank.

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flordieter
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Re: Amadeus und Ludwig

Beitrag von flordieter »

Hallo Frank,

auch ich bin begeistert von diesen Klängen. So tolle Chöre habe ich noch nie gehört. Allerdings muss ich gestehen, dass mir als VST-Laien das "Umfeld" fehlt, vielleicht könntest Du das mal näher erklären, wie Du das machst.
Konkret:
- Steht neben Deiner Orgel ein PC mit dem Programm "Kontakt"
- Kaufst Du spezielle Klänge, die nur Kontakt verwenden kann
- Wie sind Orgel und PC miteinander verbunden?
- Kommen diese Klänge direkt aus der Orgel (Verstärker-Lautsprecher) oder braucht das eine eigene Verstärkeranlage mit Lautsprechern. Damit meine ich: Dient die Orgel nur als Steuerung für den PC (wie ein Masterkeyboard)
- Wie schaltest Du die Sounds ein / um
- und sicher noch weitere Feinheiten

Sorry für diese Laienfragen, aber das Thema ist doch sehr komplex, aber auch faszinierend!
Gruß Rolf
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Claus Riepe
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Re: Amadeus und Ludwig

Beitrag von Claus Riepe »

Hallo Rolf!

Frank benutzt ja eine eigene Lösung mit einem separaten PC, das grundsätzliche Prinzip ist aber mit dem Cloud Studio durchaus vergleichbar. Ein PC wird via MIDI als Soundmodul in die Orgel eingebunden. Mittels entsprechender Soundpresets stehen die Klänge aus den VSTs dann neben den internen AMADEUS Sounds parallel zur Verfügung und können beliebig mit diesen kombiniert werden. Die Bedienung der Orgel bleibt also so, wie bisher. Die Sounds sind in den Soundtabellen, können auch auf Taster gelegt werden und in die Globalpresets eingebunden werden. Die Audio-Einbindung erfolgt über einen zwischengeschalteten D/A Wandler ebenfalls via Crystal Mixer in die Orgel. Beim Cloud Studio wird der Rechner zudem auch von der Stromversorgung her integriert. D.h. die Orgel bekommt einen neuen Netz-Taster, dieser schaltet Rechner und Orgel gemeinsam. Beide booten zusammen (der Rechner braucht kaum länger als die Orgel), und beim Ausschalten wird der Rechner heruntergefahren und dieser schaltet dann quasi auch die Orgel aus. Alles alles wirklich bis ins Detail ausgeklügelt.
Das Cloud Studio bringt zudem (daher der Name), noch eine Cloudbasierte Notendarstellung mit, d.h. digitalisierte Noten (JPG oder PDF) können im Touch Display, das z.B. im Notenständer eingebaut sein kann, angezeigt werden, also ähnlich deinem Atmobyte. Der Unterschied liegt darin, dass bei Böhm die persönliche Bibliothek via Own Cloud verwaltet wird und somit von überall her "gefüttert" werden bzw. darauf zugegriffen werden kann, zum anderen wird es hier so sein, dass nicht die Notendateien Presets an der Orgel aufrufen, sondern andersherum die Orgelpresets die Notenbilder (via Bank/Program Change über einen eigenen Part), dadurch lässt sich das auch aus Liederlisten bewerkstelligen, was andersherum ja nicht gehen würde.
Der große Steinberg Halion ist ein sehr leistungsfähiges Tool, dass erstmal alles (und noch viel mehr) bietet, was wir brauchen, auch eine Vielzahl hervorragender Sounds. Ebenso ist damit die Möglichkeit gegeben, auch eigenes Sample-Material einzubinden. Aber das bedeutet nicht, dass man nicht auch Kontakt mit einbinden könnte, um auf viele der angebotenen und vielfach auf Kontakt ausgerichteten Bibliotheken zurückgreifen zu können. In einem nächsten Schritt werden wir uns sicher auch damit (und noch mit weiteren VSTs) beschäftigen. Ich warte z.B. derzeit gerade auf die neue V-Collection von Arturia mit vielen legendären Synthesizern, Hammond, Farfisa usw. in virtueller Form! Das wird spannend, damit auf der Orgel zu arbeiten und z.B. verschiedenste Klangparameter eines Synths über die Zugriegel in Echtzeit zu steuern :)

Gruß,
Claus
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flordieter
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Re: Amadeus und Ludwig

Beitrag von flordieter »

Hallo Claus,

danke für die ausführliche Antwort. Das Ganze macht doch auch einen sehr guten und durchdachten Eindruck. Aber irgendwie passt es noch nicht ganz zusammen: Ein hochmoderner PC mit der Uralttechnik der Orgel. Die reicht zwar zum spielen, aber beim "Drumherum" stört es doch. (MS-DOS-Konvention, kleiner Bildschirm, Speicherbegrenzung, USB-Emulator, ...)
Da bin ich doch sehr gespannt was Ihr Euch noch einfallen lasst, und dann kann man die Karten neu mischen.

Gruß Rolf
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Claus Riepe
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Re: Amadeus und Ludwig

Beitrag von Claus Riepe »

Hallo Rolf!

du siehst aber, dass diese Technik eben eine solche umfassende Einbindung in dieser Form zulässt, das finde ich durchaus ein starkes Argument für diese Technik und ihr konzeptionelles Potenzial. Das Cloud Studio ist da ein erster und sehr potenter Schritt, aber natürlich wird man da nicht stehenbleiben :)

Gruß,
Claus
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frank_m
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Re: Amadeus und Ludwig

Beitrag von frank_m »

Hallo Rolf,
kein Problem. Wie Claus bereits geschrieben hat, gibt es mehrere Möglichkeiten, aber das Prinzip ist immer ähnlich.

Erst Mal eine Begriffsklärung: oft gibt es Verwirrung zwischen „Sample“, „VST-Instrument“ und „Bibliothek“. Samples sind im Prinzip kurze Tonaufnahmen z.B. in Form einer wav-Datei. Beispiel: Ich drücke beim Klavier alle Tasten nacheinander und nehme jeden einzelnen Ton separat als wav-Datei auf, ergibt 88 Samples. Wenn ich es anschlagsdynamisch mache, nehme ich jede Taste mehrfach auf, mit unterschiedlicher Stärke angeschlagen. Gibt z.B. 880 Samples. Um diese Samples wie ein Instrument spielen zu können, brauche ich ein Programm, das diese Samples abspielt, einen sog. Sampleplayer. Dieses Programm sorgt dafür, dass beim Drücken der C-Taste auf meinem Masterkeyboard oder der Orgel das Sample mit dem Klavierklang C abgespielt wird. Drücke ich leicht, wird das C abgespielt, das mit leichtem Anschlag aufgenommen wurde, drücke ich fest, das mit hartem Anschlag aufgenommene C usw.
Das Programm Kontakt der Firma Native Instruments ist so ein Sampleplayer, Halion von der Firma Steinberg ist ein anderer usw. Beide können im Prinzip die gleichen Samples als Grundlage für die Klangerzeugung nutzen und abspielen, aber machen es anders. Sie arbeiten mit anderen Formaten und verstehen einander nicht.
Ein VST-Instrument in Kontakt besteht aus einem Miniprogramm, dem Patch und den dazugehörigen Samples. Der Patch verwaltet sozusagen die Samples. Er sorgt dafür, dass stets die richtigen Samples abgespielt werden (also dass C abgespielt wird, wenn ich C drücke). In dem Patch ist auch festgelegt, ob z.B. ein Hall auf die Samples gelegt wird, ob die Samples links oder rechts im Klangbild sind usw. Im Endeffekt entspricht so ein Patch also einem Klang auf unserer Orgel.
In einer Bibliothek sind meist mehrere solcher VST-Instrumente enthalten, um beim Beispiel zu bleiben: ein Klavierpatch, ein Cembalopatch usw.

Man kauft sich im Normalfall so eine Bibliothek vom Hersteller X, die je nach Ausstattung eins bis dutzende solcher VST-Instrumente oder Patches, sowie die dazugehörigen Samples enthält. Die Bibliothek ist also fix und fertig zur Benutzung. Ich muss die Patches nicht selbst erstellen. Der Hersteller hat diese Bibliothek im Kontaktformat angelegt, also kann man sie nur in Kontakt laden. In diesem Fall muss ich vorher das Programm Kontakt gekauft haben. Es gibt aber auch Bibliotheken, die in dem kostenlosen Kontakt-Player von Native Instruments benutzt werden können. Hier brauche ich nur die Bibliothek zu kaufen, der Player ist entweder enthalten oder ich lade ihn kostenlos herunter. Das hängt vom Hersteller ab. Kontakt kaufe ich natürlich nur ein Mal. Ich kann darin alle Bibliotheken aller Hersteller nutzen, die ihre Bibliotheken im Kontaktformat anlegen. Ich kann auch mehrere Bibliotheken gleichzeitig laden und nutzen.

Bei mir läuft es nun so ab.
- Ich habe einen Laptop neben der Orgel. In dem habe ich das Programm Kontakt geladen und darin z.B. von der Firma X die Bibliothek „Tasteninstrumente“ und davon den Patch „Klavier“.
- Den Midi-Ausgang der Orgel habe ich mit Hilfe eines Midikabels mit einem Midi-Audio-Interface verbunden, das an einem USB-Anschluss des Rechners hängt. In der Orgel habe ich Soundpresets, die keine orgelinternen Klänge ansprechen, sondern die Information darüber, welche Taste wie gedrückt wurde, an den Midi-Ausgang der Orgel weiterleiten. Wenn ich anstelle eines orgeleigenen Klanges in der Orgel so ein Soundpreset lade, geht die Midi-Information (Taste C, fest gedrückt) über die genannte Verbindung in den Rechner und dort in Kontakt. Kontakt erfährt also, welche Taste ich auf der Orgel drücke, der Patch „Klavier“ in Kontakt ruft die entsprechenden Samples ab und es erklingt ein Klavier. Das Audiosignal (also der eigentliche Klang) wird von Kontakt über USB wieder raus ins Interface geschickt und wird von dort als normales Audiosignal via Klinkenkabel weitergeleitet.
- Im Prinzip könnte man nun dieses Audiosignal in den Aux-Eingang der Orgel leiten und so über die Orgel an die Lautsprecher schicken. Ich mache es so, dass ich den Audioausgang der Orgel, des Midi-Audio-Interfaces, anderer Expander usw. alle auf ein Mischpult schicke und von dort aus in meine 5.1 Anlage. Ich habe so einen leistungsfähigen Verstärker und hochwertige Lautsprecher zur Verfügung.

- Wenn ich zwei VST-Instrumente spielen will, kann ich zwei Patches in Kontakt laden, sagen wir einen für Klavier, einen anderen für eine Trompete. Nun muss ich aber dafür sorgen, dass das Klavier nur erklingt, wenn ich auf dem Untermanual spiele, die Trompete aber vom Obermanual angesteuert wird. Dazu muss ich wissen, auf welchem Midi-Kanal Ober- und Untermanual der Orgel senden (steht in der Anleitung) und in den Patches in Kontakt jeweils eingeben, auf welchen Midi-Kanal der jeweilige Patch reagieren soll. Jedes Midi-Kabel kann Information für 16 Midi-Kanäle übertragen.
- Die nächste Möglichkeit besteht darin, dass ich vom Obermanual aus z.B. drei VST-Instrumente ansteuere, eines über OM Part1 (sendet auf Midi-Kanal x), eines über OM Part 2 (sendet auf Midi-Kanal y) usw.
- So kann ich mir ein Preset in Kontakt bauen, in dem ich mehrere VST-Instrumente gleichzeitig lade, aber jedes von einem anderen Midi-Kanal angesteuert wird, also einem anderen Part auf meiner Orgel entspricht.
- Im Extremfall könnte ich also alle Parts der Orgel über Midi nach außen in Kontakt schicken und dort damit entsprechend viele VST-Instrumente ansteuern. Die Orgel wäre dann ein reines (wenn auch ziemlich teures) Midi-Masterkeyboard.
- Ich nutze aber meist eine Mischung aus orgelinternen Klängen, Styles usw. und spiele nur einige Parts der Orgel als VST-Instrumente, um damit die Klänge zu erzeugen, die die Orgel mit nicht bietet (z.B. diese Chöre, die Silbenabfolgen singen usw.).

Ich hoffe, die Vorgehensweise ist etwas klarer geworden. Zu weitergehenden Möglichkeiten aber auch Komplikationen beim Umschalten der Presets oder Klänge, vor allem bei Kontakt, verweise ich auf die Beiträge, die ich im anderen Pfad Allgemeines/Plaudereien rund um die Böhm/VST-Instrumente an der Böhm geschrieben habe.

Böhm macht es im Prinzip ähnlich, baut den Rechner aber in die Orgel ein und schickt die Audiosignale direkt in den Crystal Mixer. Der Vorteil des Cloud Studios besteht darin, dass man eine Komplettlösung bekommt. Der Halion von Steinberg ist ein Sampleplayer, der über eine Vielzahl von Klängen verfügt. Dazu kommt das Programm Hauptwerk, mit dem man Kirchenorgelklänge spielen kann, sowie das VST-Instrument Grand, das hervorragende Klavierklänge hat. Der größte Vorteil ist aber, dass Böhm dafür sorgt, dass die verschiedenen Sounds des Halions so von der Orgel aus genutzt werden können, dass man gar nicht merkt, dass es sich um einen Rechner mit VST-Instrumenten handelt. Man wählt einfach in der Soundpresetliste „Steinberg Grand“ und schon ist es da. Man sieht es der Orgel nicht an und merkt es nicht bei der Handhabung.

Die VST-Instrumente, die ich in den Demos gespielt habe, kann der Halion nicht nutzen. Man kann aber Kontakt und die entsprechenden VST-Instrumente kaufen, in dem Cloud Studio installieren und dort so verwenden, wie ich es in meinem externen Rechner tue. Wie gesagt, die komfortable Einbindung in die Orgel fehlt derzeit für Kontakt.

Kosten? Wenn man bei Native Instruments das Paket „Komplete“ kauft, erhält man Kontakt, sowie viele VST-Instrumente, die man darin laden kann, für derzeit 400 Euro (Sonderangebot, sonst 500 Euro). Das ist ein Wahnsinnspreis für ein unglaublich umfangreiches Paket (130 GB an Daten). Die Produkte der anderen Hersteller liegen preislich zwischen wenigen Euro für sehr kleine und einfache Bibliotheken und mehreren hundert oder tausend Euro für ausgewachsene und aufwendige Bibliotheken. Beispiel: das Solocello, das Ihr gehört habt, kostet ca. 300 Euro. Die Chorbibliotheken, die ich verwendet habe, kosten je nach Ausstattung 100 – 500 Euro. Gute Streicherbibliotheken bekommt man ab ca. 300 Euro aufwärts. Eine sehr umfangreiche Streicherbibliothek von Spitfire Audio (die ich aber nicht habe!) kostet über 2000 Euro. Man kann also schnell viel Geld loswerden, wenn man da einsteigt. Man muss sich aber auch im Klaren sein, dass man vieles, was solche VST-Instrumente bieten, als Orgelspieler im Livespiel gar nicht nutzen kann. Sie wurden natürlich dafür gemacht, professionelle Musikstücke im Rechner zu erstellen. Deshalb muss man nicht immer die größte Bibliothek kaufen, oft reichen schon einfachere. Aber wirklich gute Klangqualität kriegt man nicht für 3 Euro fünfzig.

So, Vorlesung beendet. Noch Fragen? Gruß, Frank.

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flordieter
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Re: Amadeus und Ludwig

Beitrag von flordieter »

Hallo Frank,

einfach super - 1000 Dank auch für Deine ausführliche Antwort. Und mit den Ausführungen von Claus zusammen ergibt das nun ein richtig abgerundetes Bild, und selbst ich als VST-Laie weiß nun, was VST ist, was es kann und wie man es handhabt.

Nochmals herzlichen Dank und Gruß
Rolf
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